
Das Problem mit dem Herzberg Festival ist, dass es so schnell kommt! Also eigentlich natürlich spät, weil man sich schon so lange darauf freuen muss. Aber für all diejenigen, die gerne die Zappanale besuchen, kommt es dann doch plötzlich: kaum sind am Sonntag die letzten Klänge an der Ostsee verklungen, muss man sich schon auf den Weg zum Berg machen …
Montags Abends sollte man in der Nähe des Herzbergs sein, denn nur wenn man am Dienstag früh in der Schlange steht, gibt es eine Chance auf einen guten Platz in der Freak City – und da sind die ganzen Freunde, ist der große Teil der Festival-Familie zu finden.
Wir haben dann alle noch zwei Tage Zeit, Wiedersehen zu feiern und die Vorfreude zu genießen. In diesem Jahr gleich am Donnerstag auf Agitation Free, denn deren fantastisches Debütalbum Malesch hatten wir gerade erst beim Vinylrausch zum 50. Jubiläum des Erscheinens aufgelegt: komplett, laut und konzentriert in einem Kino in Berlin. Und mit Lüül als Gast! Lüül war 19, als das Album aufgenommen wurde und hat so lebendige Geschichten aus der Rockszene der Siebziger erzählt, dass wir jetzt sehr gespannt waren auf diese eingespielte Band – und von dem sanften Klangteppich und den aufseheneregenden Visuals dann sehr begeistert wurden.
Auf der Freakstage war der Donnerstag mit dem nordafrikanischen Wüstensound von Tamikrest vielversprechend eröffnet worden. Hendrick Freischlader und das Brant Björk Trio waren später am Nachmittag auf der Hauptbühne die ersten Vorboten der in diesem Jahr reichlich vertretenen Blues- und Bluesrock-Trios.
Nachdem uns Charlys erste Band Sexhance nicht vollständig überzeugen konnte, war am Freitag dann die Monika Roscher Big Band ein echtes Highlight: fantastische Musik, komplex, groovig und mit großartigen Big-Band-Rock-Arrangements. Sehr engagiert und ein Muss für Freunde lässiger Gitarrensoli war die gewohnt gute Yasi Hofer auf der Freakstage, die mit den erfrischend klingenden Naft am Freitagabend einen weiteren Höhepunkt zu bieten hatte.
Während Bands wie Calexico, Wolfmother oder Orange sauberen Standard gehalten haben, hat El Perro überrascht, vielleicht, weil es keine großen Erwartungen gab?
Der Samstag hat mit einer der wenigen deutschen Bands, die seit ihrer Gründung vor über fünfzig Jahren in Originalbesetzung spielen, einen weiteren Höhepunkt schon am Nachmittag geboten: Die Musik von Kraan ist wirklich erstaunlich, sie lässt sich Genremässig kaum einordnen und reißt einen trotzdem uneingeschränkt mit. Der so eröffnete Samstag ging mit einer echten Überraschung erst nach zwei Uhr zu Ende: Das von Charly entdeckte, litauische Fused Trio hat uns komplett umgehauen, mit energetischem Progrock vom Feinsten.
Mit Nick Mason’s Saucerful of Secrets ging das Festival dann am Sonntag mit seinem Höhepunkt zu Ende. Nach zwei eher mauen Tagen, bei denen der Sound der Mainstage seltsam verwaschen und viel zu basslastig klang, hatte sich das Technikteam für Nick Mason endgültig eingespielt. Eine großartige Performance, die natürlich auch von der historischen Bedeutung von Pink Floyd lebte. Aber ohne die homogene Band und den großartigen Sound über das ganze Gelände hinweg, hätten auch Pink-Floyd-Songs nicht so nachhaltig beeindrucken können. Schöner ist es am Sonntagabend lange nicht gewesen!
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